Besuch im Ziegeleipark Mildenberg

 

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand …

Theodor Fontane

 

Auf Initiative von Frieder Jehring besuchten wir Anfang Oktober im nördlichen Brandenburg den Ziegeleipark Mildenberg. Aus Richtung Hamburg kommend, verließ ich die Autobahn kurz hinter dem Dreieck Wittstock. Mein Weg führte mich weiter über Rheinsberg und Ribbeck, ein Ortsteil von Zehdenick im Landkreis Oberhavelland.

Beim passieren des Ortsschildes erinnerte ich mich sofort an das Gedicht von Theodor Fontane vom alten Herrn Ribbeck und den Birnbäumen. Das muss rund 55 Jahre her sein, als ich das Gedicht auswendig lernen musste. Das war damals so in der Schule. Nun fahre ich hier durch den Ort und erinnere mich plötzlich genau an die Deutschstunde von damals … 

Übrigens brach wohl ein Sturm den besagten Birnbaum vor mehr als 110 Jahren. So sagt man jedenfalls. Der Stumpf soll noch heute in der Ribbecker Kirche zu sehen sein. Das werde ich mir nächstes Mal unbedingt anschauen, denke ich mir.

Ja, und dann später leider die Erkenntnis, dass dieses Ribbeck gar nicht das Ribbeck im Havelland war. Das Ribbeck mit dem Birnbaum gehört nämlich zur Stadt Nauen, unweit von Schönhorst, wo das Revier von dem bekannten Polizeihauptmeister Krause ist.

Trotzdem schön, wenn man noch Dinge wie ein Ortsschild und ein Gedicht in Zusammenhang bringen kann und sich plötzlich an etwas erinnert, was im Laufe des Lebens nie wieder ein Thema war.

 

Ankunft im Ziegeleipark Mildenberg

Gleich nach Ribbeck erreichte ich nach wenigen Minuten den Abzweig zum Ziegeleipark Mildenberg inmitten der Zehdenicker Tonstichlandschaft am Rande des Naturparks Uckermärkische Seen. Die heute zumeist wassergefüllten Tonstiche oder Tongruben dienten einst der offenen Gewinnung von Tonerde für die umliegenden Ziegelei-Betriebe. 

Beim Anblick des grossflächigen Industrie- und Technikmuseums erahnt man welche wirtschaftliche Bedeutung die hiesige Industrie für die Region gehabt haben muss. Ich fahre vorbei an dem Besucherzentrum inmitten von Ringofengebäuden und erreiche die Pension und Gaststätte „Alter Hafen“. Der frühere kleine Hafen ist heute eine schmucke Marina für Sportboote und liegt quer zum schiffbaren Havelstrom. 

Schwierig gestaltete sich die Suche nach einem Parkplatz nahe der Unterkunft. Es war der „Tag der deutschen Einheit“ und der Park daher von Ausflüglern gut frequentiert, zudem auch wegen des schönen frühherbstlichen Wetters.

Nun, zum Einchecken war es noch zu früh und so beschloss ich erstmal auf der Terrasse der Gaststätte einen Kaffee zu trinken. Wolfgang saß auch schon da, während Katrin und Frieder irgendwo am Feldbahngleis zu vermuten waren …

Das Museum verfügt über weit verzweigte Gleisnetze in unterschiedlichen Spurweiten. Katrin, Frieder und Wolfgang hatten sich bereits zur Fahrt mit einem Dieselzug auf einem Rundkurs über das Gelände verabredet. Ich selbst wollte lieber erstmal zu Fuß über das Gelände gehen und mit der Kamera erste Eindrücke festhalten, einfach nur Eindrücke festhalten, ohne den Zweck oder die Bedeutung des jeweiligen Objektes zu hinterfragen.

Besichtigen möchte ich das alles mal in Ruhe. Nicht nur die Feldbahnen, sondern auch die Ringöfen und alles was so von der Tongewinnung über Produktion und Transport von Ziegelsteinen zu sehen ist. Und da gibt es hier in Mildenberg sehr viel.

Eine Auswahl der Fotos finden sich nun hier in diesem Bericht. Vielleicht eine Anregung für Ihren baldigen Besuch im Ziegeleipark.

Faszination Feldbahn

Kommen wir zum Thema Feldbahn. Höhepunkt des Nachmittags war eine Fahrt mit einem Tonlorenzug, gezogen von der immer hin 70 PS starken Naßdampf-Tenderlokomotive LKM 127114. Mehr zur Geschichte, Technik und Einsatz der Lok erfahren wir aus dem nachfolgenden Artikel des LOK Magazins, geschrieben von Ad van Sten.

Unsere Fahrt führte uns auf 630 mm Feldbahngleis vom Bahnhof am Museumshafen über das weitläufige Gelände des Ziegelparks und durch die urige Tonstich-Seenlandschaft, über die Havel bis zum Endbahnhof bei Burgwall. Die Fahrt erfolgte mit mäßigem Tempo. Immer wieder zogen oder drückten die ungebremsten Loren im stetigen Wechsel an der Lok oder gegen die Lok. Eine Herausforderung für den Meister am Regler, insbesondere vor den ungesicherten Waldwegübergängen. Eisenbahnromantik, oder besser gesagt Feldbahnromantik pur! 

In ihrem ersten Leben war unsere Lok bis in die 70er Jahre hier täglich unterwegs und beförderte in langen Lorenzügen nahe zu pausenlos den Abraum von den Tongruben zu den weiterverarbeitenden Ziegeleibetrieben. Übrigens erfolgt der Einsatz der Dampflok heute wieder regelmäßig, aber nicht an allen Betriebstagen und auch nur, wenn keine Waldbrandgefahr besteht.

Auch für den Eisenbahnfotografen wurde bei unserem Besuch viel geboten. Im Betriebs- und Endbahnhof Burgwall verblieb genügend Zeit, um Lok und Zug mitten im Wald mit der Kamera zu dokumentieren.

Für mich war es nicht die erste Fahrt mit einer Feldbahn. Wir haben zu Hause ähnliche Bahnen – die Moor- und Torfbahnen. Aber die Bahn hier, mit Dampf, das war schon irgendwie was anderes. Hatte mich das Virus Faszination Feldbahn auch noch erreicht ? Ich hatte zu Hause extra noch den Beipackzettel zum Besuch des Ziegeleiparks durchgelesen, den mit den Risiken und Nebenwirkungen, sie wissen schon …

Feldbahnen blicken auf eine sehr lange Geschichte zurück. Ihr Ursprung wird aus den ersten spurgeführten Förderfahrzeugen im Bergbau abgeleitet, lange vor der Erfindung der Dampfmaschine. Man sagt auch, daß die Entwicklung aller anderen Eisenbahnen eigentlich auf die Feldbahnen zurückzuführen sind. War es also die Geschichte, die kleine Dampflok, die Strecke, oder alles zusammen, was mich hier so begeisterte ? Zeigten sich schon die gefürchteten Symptome des Feldbahn-Virus ? Ich weiss es nicht.

Nun, für alle die bereits Infizierten gibt es aber ein gutes Zeichen, insbesondere für die Hochrisikogruppe der Ehrenlokführer. Erfreulicherweise bemüht sich Frieder Jehring mit der Geschäftsführung des  Mildenberger Ziegeleiparks um Therapieangebote im Umgang mit einer solchen lebensbegleitenden Virusinfektion.

Lassen wir uns überraschen. Frieder wird darüber sicher berichten …

Ergänzender Bericht veröffentlicht auf Homepage der Eisenbahnzeitschrift LOK Report, geschrieben von Ad van Sten:

Ziegeleipark Mildenberg

Der Beginn der Ziegelproduktion im Gebiet nördlich von Berlin geht auf das Jahr 1887 zurück, als beim Bau der Eisenbahnstrecke Löwenberg – Templin reiche Vorkommen an Ton entdeckt wurden. So entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts innerhalb kurzer Zeit bei Mildenberg eines der größten zusammenhängenden Ziegeleigebiete Europas.

Begünstigt wurde die Entwicklung auch durch die Lage an der Havel, die den Transport der Produkte in das rasch expandierende Berlin erleichterte. Um 1910 betrug die jährliche Ziegelproduktion aus mehr als 30 Betrieben sogar etwa 625 Millionen Tonnen. In Spitzenzeiten fanden dort bis zu 5000 Menschen Arbeit.

Nach 1945 entwickelte sich die Ziegelindustrie in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone wieder gut. Der Wiederaufbau erforderte erneut Massen an Baumaterial. In der DDR war die Gegend um Mildenberg der größte, nun volkseigene, Hersteller von Ziegelsteinen und Dachziegeln, bis die Einführung der Plattenbautechnologie seit den 1960er Jahren zu einem Rückgang in der Bedeutung führte.

Nach der Wende waren die Ziegeleien der Konkurrenz nicht mehr gewachsen. Ein Unternehmen nach dem anderen schloss die Tore. Westliche Investoren sahen keine Zukunft mehr und 1991 wurde der Betrieb eingestellt.

1997 eröffnete auf dem Gelände der Ziegeleipark Mildenberg – direkt an der Havel – ein Industrie- und Technikmuseum, das die Geschichte der Ziegelindustrie in Ausstellungen, Führungen und Veranstaltungen lebendig werden lässt.

Regulär kommt an ausgewählten Tagen im Jahr die museumseigene LOWA-Dampflokomotive auf den 630-mm-Gleisen zum Einsatz.

Diese Lok, ein B-Kuppler mit 70 PS, wurde 1955 von dem VEB Lokomotivbau „Karl Marx“ in Potsdam-Babelsberg mit der Fabriknummer 127114 hergestellt und ausgeliefert. Sie war bis 1979 auf den Betriebsgeländen am Transport von Ton beteiligt. Sie stand schon zwei Jahre als Denkmallok im Eingangsbereich des Museumparks, ehe sie 2002 aufgearbeitet wurde.

Der Lokomotivbau „Karl Marx“ ging aus der Maschinenbau und Bahnbedarf AG vormals Orenstein & Koppel (bis 31. März 1940 Orenstein & Koppel AG) hervor. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dort die Produktion von Schienenfahrzeugen wieder aufgenommen. Am 18. März 1948 erfolgte die Umwandlung in einen volkseigenen Betrieb und damit die Umbenennung in „LOWA Lokomotivbau Karl Marx VEB, Babelsberg“, kurz LKM. Gebaut wurden Dampf- und Diesellokomotiven in unterschiedlichen Spurweiten, wobei der Dampflokbau 1960 endete. 1969 wurden aber nochmals Dampfspeicherlokomotiven geliefert.

1950 wurde der Bau der 50 und 70 PS B-n2t-Feldbahndampflokomotiven aufgenommen als Baugruppennummer 16.

Die 50 PS-Lokomotiven dieser Baugruppe erhielten die Fabriknummern 26xxx und die 70 PS-Loks die Fabriknummern 27xxx. Anfang des Jahres 1954 erfolgte die Erweiterung um eine führende Ziffer: die 1 für Dampflokomotiven und die 2 für Diesellokomotiven.

Die 127114 gehörte zu einer Serie von 140 Lokomotiven mit den Fabriknummern 127001 bis 127140.

 

Quelle:

Homepage LOK Report, eingestellt am 23.09.2021, Autor: Ad van Sten.

URL 2021:   https://www.lok-report.de/news/deutschland/museum/item/27939-der-ziegeleipark-mildenberg.html

Erste Impressionen vom Ziegeleipark – die Hauptgebäude

Fotos: © Archiv Reinhard Schüler

Hotel und Restaurant „Alter Hafen“:

Fotos: © Archiv Reinhard Schüler

Erkundungen von Katrin und Frieder Jehring:

Fotos: © Katrin und Frieder Jehring

Mein kurzer Spaziergang über das Gelände:

Fotos: © Archiv Reinhard Schüler

Mit dem Dampfzug durch den Naturpark:

Fotos: © Archiv Reinhard Schüler