Milano Centrale, 28.10.2023, 04.15h

 

Um diese Zeit schliesst das Sicherheitspersonal den Bahnhof wieder auf, erst den westlichen, dann den östlichen Flügel. Um 4.50h öffnen sich die Sperren zu dem Querbahnsteig zu den Zügen. Wer den Centrale ohne Personen fotografieren möchte, der hat nur wenige Minuten Zeit. Denn dann wiederholt sich der Tagesablauf in diesen majestätischen Hallen im wohl immer gleichen Rhythmus. 

Nachtaufnahmen: © Reinhard Schüler

Überführung der Dampfloks

Prüfen der Lager und Stangen im Centrale

Nachtaufnahmen: © Reinhard Schüler

Es gibt Dinge, die gibt es gar nicht !

Es lässt sich nicht verschweigen. Angstlok für die Überführung war tatsächlich ein Vectron der DB im gewohnten äußeren Erscheinungsbild.

Fotos: © Reinhard Schüler

Aussenansicht des Milano Centrale

Zurück am Bahnhof am Morgen. Im Herbst färbt die tiefstehende Sonne den eigentlich weißgrauen Bahnhof für kurze Zeit goldgelb.

Fotos: © Reinhard Schüler

10 Jahre Fondazione FS – Tag der offenen Tür

Szenen von Festgelände Squadra Rialzo im Gleisdreieck nördlich des Mailänder Hauptbahnhofes.

Fotos: © Reinhard Schüler

Klassiker der Ferrovia della Stato

Gruppo 835

Fünf-Zoll-Bahner

Dampf zog die Besucher

L´ Arlecchino – Der Harlekin

Kurze exklusive Führung – dank Luciano. 

Ulrich Machold schrieb am 20. 04.23 für die Tageszeitung „Die Welt“ einen ausführlichen Artikel über den Harlekin, den ich hier auszugsweise zitieren möchte:

 

Dieser Harlekin ist Italiens faszinierendster Zug

 

Der Fußboden summt und vibriert, der Kaffeebecher wandert von selbst auf dem Klapptisch umher, während die Gäste in weichen Polstern sitzen und aus dem Fenster blicken, wo Hügel, Haine und ab und an ein altrömischer Aquädukt vorbeifliegen – der „Arlecchino“ donnert durch Italien.

Dieser Zug, zu Deutsch „Harlekin“, wird so genannt wegen seines farbenfrohen Interieurs; er ist der Stolz der italienischen Eisenbahn. Beziehungsweise, er ist es wieder. Denn zum ersten Mal verkehrte das futuristische Gefährt schon im Sommer 1960, als in Rom die Olympischen Spiele stattfanden.Auf seiner Eröffnungsfahrt zwischen Mailand und Venedig erreichte er eine Geschwindigkeit von 187 km/h. Für damalige Verhältnisse war es ein Höllentempo.

Wie der VW Käfer für Westdeutschland waren die windschnittigen Elektroschnellzüge ein Symbol der wiedererstarkten italienischen Wirtschaft, bis sie in den 90ern aus dem Verkehr gezogen wurden. ( … )

Liebevoll restauriert von der Fondazione FS, einer Kulturstiftung der italienischen Staatsbahn, saust der „Harlekin“ seit Oktober 2020 wieder zu bestimmten Terminen durch Italien. Und nicht nur er. Die Fondazione hat etliche historische Züge aufs Gleis gebracht, von denen viele zwar nicht fahrplanmäßig, aber ziemlich häufig und in der Regel sehr günstig durch die schönsten Ecken des Landes fahren. ( … )

Neben dem „Harlekin“ sind im Auftrag der Fondazione auch Züge mit alten Dampf-, Diesel- und Elektroloks unterwegs, viele aus den 30er- und 50er-Jahren. ( … )

Die Front ist eine Aussichtskanzel

Der stilvollste Vorgänger dieser Erfolgszüge ist der „Arlecchino“. Entworfen von Stararchitekt Giò Ponti und dem Designer Giulio Minoletti, war der Zug allein schon wegen seines Designs eine Ikone. Plüschige Samtsessel, Gardinen vor den Fenstern, Wände aus Kunstleder; jeder der drei Großraumwaggons hat seine eigene Grundfarbe: Blau, Beige oder Grün.

Alle Plätze sind erster Klasse, mit großzügigem Sitzabstand, je zur Hälfte in Einer- und Zweier-Sitzkonfiguration. Im vierten Wagen ist die chromglänzende Bordbar untergebracht, an der weiß-livriertes Personal Espresso, frisches Gebäck und hervorragenden Schaumwein serviert. ( … )
Der Clou ist der rundlich gestaltete Wagen an der Spitze: Wo bei einem normalen Zug oder Triebwagen der Führerstand ist, hat der „Harlekin“ vorn ein verglastes „Belvedere“, eine aerodynamisch geformte Aussichtskanzel mit acht (nicht reservierbaren) Drehstühlen, deren Design ein bisschen an die Brücke von „Raumschiff Enterprise“ erinnert. Der Lokführer sitzt dahinter, eine halbe Treppe höher, in einer Kammer mit erhöhtem Ausguck. ( … )

Ein gutes Jahrzehnt dauerte die Restaurierung des letzten existierenden „Harlekins“, der 2009 beschmiert und vor sich hin rostend in einer Lagerhalle entdeckt worden war. Viel war nicht mehr von ihm übrig, deshalb bestand ein Hauptteil der Arbeit aus dem detailgetreuen Nachbau der Inneneinrichtung nach alten Fotos und Skizzen. Nun ist der Zug eine fast perfekte Replik seiner Urform, mit Ausnahme einiger Updates wie Steckdosen zum Laptop-Laden, dezenten Modernisierungen im Barwaggon, zeitgemäßen Toiletten und der Integration in das reguläre Buchungssystem von Trenitalia. Nicht entscheidend verbessert hingegen wurde die Dämpfung, siehe oben – Tempo 180 im „Harlekin“ ist, heute wie früher, eine ziemliche Rüttelpartie. ( …)

Die Fondazione FS, 2013 gegründet, pflegt und verwaltet das Erbe der italienischen Staatsbahn. Dazu gehören eine Flotte von 400 historischen Fahrzeugen, das Archiv und die Bibliothek sowie das Nationale Eisenbahnmuseum in Pietrarsa in der Nähe von Neapel – es liegt direkt an Italiens erster Eisenbahnstrecke, die 1839 eingeweiht wurde. Weiteres Ziel der Stiftung ist es, das Bahnerbe durch touristische Angebote einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

 

Hier der Link zum vollständigen Artikel (URL 2023):

https://www.welt.de/reise/nah/article244879860/Zug-Arlecchino-Dies-ist-die-faszinierendste-Bahn-Italiens.html

Fotos: © Reinhard Schüler