Stand: 27.08.2024

Mit der Königin der Marschbahn von Altona nach Westerland/Sylt

Eine wahre Begebenheit

 

Stell dir vor, du wohnst in einem Hotel auf einem Bahnhof und blickst vom Fenster im ersten Stock auf drei von acht Gleise. Die anderen sind durch die Bahnsteigdächer verdeckt.

Stell dir vor, du bist in diesem Hotel, weil du um 9.50 Uhr mit einem Dampfsonderzug fahren willst.

Stell dir vor, du hast unten im Restaurant gefrühstückt und gehst um 8.00 Uhr wieder aufs Zimmer, genauer gesagt, aufs Örtchen.

Stell dir vor, du sitzt da so und deine Frau sagt plötzlich, dass die Dampflok schon da ist, direkt vor dem Fenster!

Stell dir das mal vor und du kannst nicht aufstehen!

Du glaubst, dass die Lok nur kurz vor deinem Fenster stehen wird und verdammt, du kannst einfach nicht aufstehen …

Stell dir vor, du sitzt da und hast das Bild der Lok genau vor Augen. Nur wenige Meter vor dem Fenster steht sie und du kommst nicht von der Brille, du kommst einfach nicht von der Brille …

Ewig lange Minuten quälender Unruhe, stell dir das mal so richtig vor!

 

Dann konnte ich endlich die Kamera schnappen und eiligst zum Fahrstuhl laufen.

Stell dir vor, du drückst den Knopf für nach unten und die Fahrstühle fahren erstmal an dir vorbei, erst der rechts nach oben, dann der links nach oben!

Stell dir das mal vor! Du glaubst, die Lok ist nun wirklich nicht mehr da …

 

Doch die Lok war noch da und kaum jemand nahm Notiz von ihr, von der 01 1104, der Königin der Marschbahn. Sie stand einfach so da, alleine und in ganzer Schönheit im Morgenlicht, sogar lange noch!

 

Stell dir bloß mal vor, die Lok wäre tatsächlich schon wieder weg …

Oha! Ohauaha! Ohauahauaha!

Unsere Reise

 

Veranstalter der heutigen Dampfzugfahrt war der Reisedienst des Vereins Historische Fahrzeuge Lübeck (HELEV) e.V.

 

Anbei einige Fotos dieses Ausfluges. Im Block rechts sehen Sie die Ankunft in der nordfriesischen Kreisstadt Husum und die Ausfahrt über die Klappbrücken über die Husumer Au. Die Brücken trennen den Binnen- vom Außenhafen.

Wir reisten weiter in den Norden und konnten entlang des Streckenverlaufs bei Klanxbüll, nahe der Grenze zu Dänemark, noch Formsignale entdecken. Wir näherten uns nun der Küste und passierten den Seedeich, das Deichvorland und das heute nicht mehr genutzte Gebäude der Blockstelle „Hindenburgdamm“ (Hdm), unter Eisenbahnern auch bekannt als „Villa am Meer“.

Damit hatten wir das Festland verlassen und fuhren bei Hochwasser der Insel Sylt entgegen. Am Wasser und an der Rauchfahne der Lok ließen sich sehr schön „Luv“ von „Lee“ unterscheiden.

Nach Ankunft im Bahnhof von Westerland hieß es Abschied nehmen von der Dampflok. Westerland (Sylt) wird in Sölring, dem Sylter Dialekt der friesischen Sprache „Weesterlön / Söl“ genannt. Denke mal, dass heute nur noch einige wenige echte Insulaner („First Nations“ – die Sölring Liren) Sölring sprechen oder verstehen können.

Zum Abschluss fuhren wir mit einem Reisebus der Sylter Verkehrsgesellschaft über die Insel und folgten dabei hier und da der Trasse der früheren Sylter Inselbahn. Unser Fahrer, Herr Marcel Biemel, erstaunte mich mit seinem Fachwissen zum Streckenverlauf und über die Bahnhöfe dieser Bahn.

Zudem vermochte er davon zu berichten, dass sich ein Fahrzeug in Aufarbeitung befindet. Ich konnte daraufhin ergänzen, dass dieses Vorhaben von unseren Freunden der Selfkantbahn in Schierwaldenrath verfolgt wird.

Anmerkungen

 

Wir fuhren auf dem Abschnitt Hamburg-Altona – Westerland – Hamburg Hbf mit. Wenige Tage vor Reisebeginn kam es noch zu wesentlichen Änderungen des Fahrplans.

So erfolgte die Abfahrt von Altona erheblich später und die Rückfahrt endete nicht in Altona, sondern im Hamburger Hauptbahnhof erst kurz vor Mitternacht. Einige Anschlüsse ins Umland konnten somit leider nicht mehr erreicht werden. Der eine oder andere musste noch tief in die Tasche greifen, um mit einem Taxi nach Hause zu kommen.

Der angekündigte Einsatz der „Lollo“ V 160 002 erfolgte nicht, dafür musste eine verkehrsrote 218 aushelfen. Eine Erklärung erhielten wir vom Veranstalter leider nicht.

Während des gesamten Fahrtverlaufs gab es keine Fotohalte oder gar Scheinanfahrten. Damit konnte die gute alte Bundesbahn im Rahmen der damaligen Nostalgie-Reisen überzeugen und das Herz Tausender Eisenbahnfreunde höher schlagen lassen.

Zudem vermissten wir Erläuterungen zur Fahrt und wichtige Hinweise für den Aufenthalt auf Sylt.

Der Wagenpark stammte von verschiedenen Vereinen, darunter viele in Grün umgepinselte Silberlinge. Leider wirkten die Wagen nicht sonderlich gepflegt. Aufkleber wiesen auf unbenutzbare Türen hin und rund acht von zehn Toiletten waren wohl defekt. Vermutlich waren die Wagen von den Eignern oder vom Veranstalter nicht mit den nötigen Wasservorräten aufgefüllt worden.

Überhaupt war hier heute alles unterwegs, was mal aus dem Haus wollte. Echte Eisenbahner schienen eher nicht dabei zu sein – Masse statt Klasse, so mein Fazit.

Mit dieser Reise konnte der HELEV Reisedienst nicht an die legendären Fahrten des einstigen Vereins Lübecker Verkehrsfreunde anknüpfen, aber vielleicht ändert sich das ja noch.

Stell dir vor, ich hätte die Dampflok in Altona nicht fotografieren können, dann hätte ich hier nichts zum Zeigen gehabt.

Oha! Ohauaha! Ohauahauaha!